Die Böhmische Handschrift, Roman |
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Author:
| Mauthner, Fritz |
ISBN: | 979-8-7551-4835-1 |
Publication Date: | Oct 2021 |
Publisher: | Independently Published
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Book Format: | Paperback |
List Price: | USD $20.04 |
Book Description:
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Es war eine geräumige Veranda, auf welcher Libussa Weißmann und Mikulás Láska zu beiden Seiten eines kleinen Tischchens auf bequemen Rohrstühlen saßen. Die Stühle standen weit genug voneinander, aber beide hatten sich an den Tisch gelehnt und blickten eben jetzt in die Landschaft hinaus. Das enge Tal wurde von dem Besitztum Weißmanns vollkommen ausgefüllt. Auf der einen Seite ging der Schwarzenberg bis zur Gebirgsstraße herunter, und gegenüber grenzte Fabrik, Hof, Villa und...
More DescriptionEs war eine geräumige Veranda, auf welcher Libussa Weißmann und Mikulás Láska zu beiden Seiten eines kleinen Tischchens auf bequemen Rohrstühlen saßen. Die Stühle standen weit genug voneinander, aber beide hatten sich an den Tisch gelehnt und blickten eben jetzt in die Landschaft hinaus.
Das enge Tal wurde von dem Besitztum Weißmanns vollkommen ausgefüllt. Auf der einen Seite ging der Schwarzenberg bis zur Gebirgsstraße herunter, und gegenüber grenzte Fabrik, Hof, Villa und Garten hart an den Abhang des Obernbergs. Diese Veranda war namentlich am Abend der liebste Aufenthalt der Familie, sie ging nach Süden. Dann war die Sonne schon hinter den Tannen des Schwarzenbergs untergegangen, aber weiter hinab lag noch das volle, warme Abendlicht auf dem prachtvollen Landschaftsbild. Meilenweit senkte sich die Fläche hinab, bis dorthin, wo man aus den gewaltigen Kohlengruben bei Dux den Rauch aufsteigen sah. Überall reife Felder und grüne Wiesen, überall die roten Dächer und Türme der Dorfkirchen, die neue Kirche von Obernthal zunächst. Und weiter in der Ebene konnte man heute deutlich die dunkleren Massen zweier kleinen Städte liegen sehen, weit zur Linken ragte der malerische Schloßberg von Teplitz wie im Nebel hervor, und dann die mächtige Kuppel des Donnersbergs. Geradeaus lagen die Höhen des Mittelgebirges wie purzelnde Gassenjungen, und rechtshin konnte der Blick am Gebirge vorbei ins Endlose schweifen bis zu den reichsten Landschaften Böhmens, und was man sah und was man wußte, vereinigte sich zu einer stolzen Freude, gerade an dieser Stelle der Erde zu Hause zu sein.
Libussa folgte den Augen des Hauslehrers und sagte unwillkürlich: ,,Schön."
,,Ja, unser ehrwürdiges Königreich Böhmen ist ein schönes Land, bekanntlich das schönste von der Welt," sagte Mikulás Láska mit seiner tiefen, weichen Stimme, aber mit pedantischer Feierlichkeit. Er redete ganz richtiges Deutsch, in der Wahl seiner Worte sogar dialektfreier als die meisten deutschen Bewohner von Obernthal, aber die Aussprache war slawisch und auffällig durch die gleichmäßige Betonung aller Silben...