Geliebte Verblödung

Wir leben in Fernsehbildern und sind alle Teil eines gro#65533;en Werbefilms f#65533;r das demokratische und kapitalistische westliche Gesellschaftssystem. F#65533;r Theodor Adorno ist das Fernsehen das alles #65533;berragende Instrument der verflachenden Kulturindustrie, f#65533;r Neil Postman ist es eine Verdummungsmaschine, f#65533;r Hans-Magnus Enzensberger das Nullmedium, und der Kriminologe Christian Pfeiffer kommt zu dem Schluss: Ein #65533;berma#65533; an Medienkonsum macht...
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Wir leben in Fernsehbildern und sind alle Teil eines gro#65533;en Werbefilms f#65533;r das demokratische und kapitalistische westliche Gesellschaftssystem. F#65533;r Theodor Adorno ist das Fernsehen das alles #65533;berragende Instrument der verflachenden Kulturindustrie, f#65533;r Neil Postman ist es eine Verdummungsmaschine, f#65533;r Hans-Magnus Enzensberger das Nullmedium, und der Kriminologe Christian Pfeiffer kommt zu dem Schluss: Ein #65533;berma#65533; an Medienkonsum macht dick, dumm, krank und traurig."Was fr#65533;her undenkbar schien, ist heute Wirklichkeit und wird nicht mehr als mediales Absurdistan erkannt: dass Shows Menschen dazu zwingen, ihren Kopf in eine Box mit Kakerlaken zu stecken oder sich in F#65533;kalien zu w#65533;lzen, dass Fernsehsender sich darin #65533;berbieten, dreistellige Millionen-Euro-Betr#65533;ge auszugeben f#65533;r die #65533;bertragungsrechte von Sportereignissen, dass den #65533;ffentlich-rechtlichen Sendern in Deutschland mehr als acht Milliarden Euro an Einnahmen zuflie#65533;en, dass fr#65533;hlich-anspruchslose TV-Moderatoren zweistellige Millionenhonorare bekommen, dass die Geb#65533;hrensender sich ohne Not dem Quotenwettlauf der privaten anschlie#65533;en und ihre Vollprogramme zunehmend nach den Unterhaltungsanspr#65533;chen der kommerziellen Konkurrenz ausrichten, dass nicht der #65533;ffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland die Politik kontrolliert, sondern die Rollen vertauscht sind und die politischen Parteien die Sender kontrollieren undsoweiter. Das selbstreferentielle System ist #65533;berversorgt mit Geld und es #65533;berversorgt die Menschen mit Kan#65533;len, die niemand braucht und kaum jemand sieht. Es steht au#65533;erhalb der #65533;konomie, verwaltet sich selbst, ist durchdrungen von Vetternwirtschaft, Pfr#65533;ndedenken, Parteieneinfluss und festgefahren in Verwaltungshandeln. Der Intendant lebt wie ein absolutistischer Herrscher. Die Welt au#65533;erhalb seines Senders versteht er nicht. Er denkt gro#65533;, in Kategorien von Gottschalk, Jauch, Weltmeisterschaft, Olympia, Tatort und Tagesthemen. Das ist seine Welt.Die Welt der Medien spielt verr#65533;ckt, und diese irre digitale Gegenwelt wird zunehmend zum Ma#65533;stab f#65533;r die echte. Das Fernsehen versorgt uns mit Gegenwart, definiert, worauf es im Leben ankommt und beeinflusst unseren Realit#65533;tssinn. Es kolonisiert gleichzeitig andere Systeme wie die Wirtschaft, die Politik, die Kultur, denn wer sich seinen Gesetzen und Vorgaben nicht beugt, verliert an Bedeutung, deshalb machen alle mit.Dabei verspricht das Fernsehen best#65533;ndiges Gl#65533;ck. Alle Probleme der Welt sind auf der anderen Seite, weit entfernt oder fiktional. Es wirkt wie die Werbung, die uns sagt: Wir sind in Ordnung, Du bist in Ordnung, ich bin in Ordnung. Alles ist in Ordnung. So wird das System stabilisiert, der Status quo gefestigt und niemand muss sich Sorgen machen. Je schlimmer das Fernsehen die Zust#65533;nde zeigt, desto eher geben sich die Zuschauer zufrieden mit ihrer eigenen kleinen Welt, so unbefriedigend ihre Lage auch sei.Wirklichkeit und Illusion, tats#65533;chliches Erleben und gesehene Handlungen, die Fiktionen des Fernsehens, die nachgestellten Szenen, die Inszenierungen und die nicht nachpr#65533;fbaren und wie mit einem Maschinengewehr abgefeuerten Nachrichten aus der ganzen Welt, das Innere und das #65533;u#65533;ere, die ganze #65533;therische Welt im Kopf wirken auf die Menschen ein, verwirren und stiften Unruhe. Das Reale wird verwechselbar. War es #65533;berhaupt echt? Wo ist es uns unter gekommen? Wo haben wir den Eindruck her? Die Konfusion geht einher mit einer sensorischen Deprivation.