Liebe in Dunklen Zeiten Von Liebe und Verrat in Kriegeszeiten

Ich kenne die Goldschmidts seit jeher. Sie hatten immer auf der anderen Straßenseite gewohnt und ein Uhrengeschäft betrieben. Und doch kannte ich sie auch nicht. Überhaupt nicht, um genau zu sein. Natürlich - die Leute begrüßten sich, wenn sie sich trafen. Mein Vater unterhielt sich sogar ein wenig mit Herrn Goldschmidt, den er als Geschäftsmann wie sich selbst ansah. Alle Ladenbesitzer auf der Straße behandelten einander mit Respekt und Höflichkeit - sie sahen sich als Bürger der...
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Ich kenne die Goldschmidts seit jeher. Sie hatten immer auf der anderen Straßenseite gewohnt und ein Uhrengeschäft betrieben. Und doch kannte ich sie auch nicht. Überhaupt nicht, um genau zu sein. Natürlich - die Leute begrüßten sich, wenn sie sich trafen. Mein Vater unterhielt sich sogar ein wenig mit Herrn Goldschmidt, den er als Geschäftsmann wie sich selbst ansah. Alle Ladenbesitzer auf der Straße behandelten einander mit Respekt und Höflichkeit - sie sahen sich als Bürger der gleichen Klasse. Und doch gab es eine Grenze. Und diese Grenze war unsere Religion. Ein Teil der Straße war jüdisch, ein Teil protestantisch. Und auch wenn ich die Kinder der Goldschmidts kannte und Hallo sagte, viel mehr ist daraus nie geworden. Wir gingen auf verschiedene Schulen und verbrachten unsere Freizeit in getrennten Bereichen, die sich überhaupt nicht berührten. Und so sind wir direkt nebeneinander aufgewachsen, ohne uns wirklich zu kennen. Fast schon grotesk - wie ich es heute finde. Aber so war es. Auch das ist ein Grund, warum rechter Terror gedeihen konnte.